Erschienen am: 10/01/2014

Pin-granulare Störfestigkeitsuntersuchungen an ICs zeigen Wege auf, wie zukünftig sogar robustere ICs hergestellt werden können.

Zur Sicherstellung einer hohen Robustheit von elektronischen Geräten gegenüber elektromagnetischen Störungen kann man die Eigenschaften von ICs nicht mehr außer Acht lassen. Burst- und ESD-Störungen dringen von außen in elektronische Geräte ein und gelangen über Leiterzüge bis an die Pins von ICs. Sowohl über die Pins als auch direkt über magnetische und elektrische Störfelder dringen die Störungen ins Innere der ICs vor. Die Auswirkungen auf die Funktion können unterschiedlich sein. Die Vielfalt reicht von flüchtigen tolerierbaren Fehlern, wie etwa kurzzeitiges Kippen eines Port-Ausgangs, bis zum Totalausfall, dauerhafter Funktionsverlust des ICs.

Über die Pins können Störungen leitungsgebunden in den IC geleitet werden. Des Weiteren kann ein IC direkt über elektrische oder magnetische Felder direkt gestört werden. Im Fachbeitrag wird die leitungsgebundene Störeinwirkung über IC-Pins betrachtet. In diesem Fall gelangen Störungen aus den Leitungsnetzen des Elektronikboards in den IC. In die Leitungsnetze gelangen die Störungen über elektrische und magnetische Burst- und ESD-Felder, die aus der Umgebung des Elektronikboards kommen.

Wie werden Störungen in der Elektronik durch ESD und Burst erzeugt?

Die während einer EMV-Prüfung in ein elektronisches Gerät eingekoppelten Störungen erzeugen magnetische und elektrische Störfelder. Diese Felder durchsetzen das Elektronikboard (Bild 1).

Bild 1 Einwirkung einer Burst oder ESD Störung auf ein Elektronikboard.
Magnetische Einkopplung (B/H-Feld)

The lines of the electronic board form loops relative to the ground plane. If a magnetic field now enters these loops, a voltage to ground is induced in them. If the conductor loop is connected to an IC pin, the induced voltage to ground is present on this pin (Figure 2). The induced voltage may interfere with the useful signals on the signal line and drive a disturbance current into the IC.

Die magnetische Kopplung besitzt eine niedrige Quellimpedanz und treibt hohe Ströme in den IC. Die Ströme liegen im Bereich bis 30 A. Voraussetzung ist, dass die Leitung außerhalb des ICs niederohmig mit Ground verbunden ist (Kondensatoren). Damit die niederimpedante Quellimpedanz ihre Wirkung entfalten kann.

Bild 2 Beeinflussung eines Leitungsnetzes auf dem Elektronikboard über magnetisches Feld.
Elektrische Einkopplung

Auf dem Elektronikboard bilden Leitungen Koppelelektroden zum elektrischen Feld des Störvorgangs Bild 1. Das elektrische Feld koppelt einen Störstrom in die Leitungen (Koppelelektroden). Der Störstrom fließt über einen Pull up, Pull down oder Treiber gegen Masse und erzeugt an ihnen einen Störspannungsabfall (Bild 2). Die induzierte Störspannung steht am Eingang des ICs an und kann Nutzsignale verändern oder Störstrom in den IC treiben. Die elektrische Kopplung besitzt eine hohe Quellimpedanz und treibt niedrige Ströme in den IC. Die Ströme liegen im Bereich bis 1 A. Voraussetzung ist, dass die Leitung außerhalb des ICs über Pull up, Pull down hochohmig mit Ground verbunden ist (Widerstand R). Damit kann die hochimpedante Quellimpedanz ihre Wirkung entfalten.

Bild 3 Beeinflussung eines Leitungsnetzes auf dem Elektronikboard über elektrisches Feld.
IC mit seinen EMV-Eigenschaften für leitungsgebundene über die Pins eindringende Störvorgänge
Bild 4 Pins des ICs mit ihren EMV Eigenschaften.

Über die Pins des ICs werden durch die elektrischen oder magnetischen Koppelmechanismen Störungen leitungsgebunden in den IC getragen. Durch die charakteristischen Eigenschaften der Koppelmechanismen entstehen mit den entsprechenden Eigenschaften der an IC-Pins geschalteten IC-Elektronik bestimmte Wirkzusammenhänge. Die Pins des ICs lassen sich nach den EMV-Eigenschaften der jeweils angeschlossenen IC-Elektronik in mehrere Pingruppen einteilen.

Die wichtigsten Gruppen von Signalpins sind:

  1. Portpins
  2. Testpins
  3. Schnittstellen (USB, UART…)
  4. Buspins
  5. Quarzanschlusspins
  6. Resetpins
  7. Versorgungspins: Vdd und Vss Pins
Signalpins

Verhaltensweisen des ICs gegenüber Störungen bei Einkopplung von E-Feld:

Erste Verhaltensweise:

Die Einkopplung durch E-Feld in Signalleitungen des Elektronikboards überlagert dem Nutzsignal eine Störspannung. Die Störspannung verändert logische Zustände des Nutzsignals. Wenn das Nutzsignal vom Mikrocontroller gelesen wird, gibt es folgende Möglichkeiten der Verhaltensweisen.

  1. Das Nutzsignal wird im Mikrocontroller durch Mehrfachabtastung überprüft, ob ein Störvorgang vorgelegen hat. Nach diesem Prinzip können Störimpulse ausgefiltert werden.
  2. Wenn keine sinnvolle Verriegelung der Testpins vorliegt, schaltet der Mikrocontroller bei einem Störsignal in den Testmode und das führt zum Totalausfall des Mikrocontrollers.
  3. Schnittstellen besitzen Fehlererkennungs- und Fehlerkorrekturmechanismen, die Veränderungen der logischen Zustände des Nutzsignals erkennen und korrigieren können.
  4. Wenn das Nutzsignal ein Bussignal ist, gibt es im Allgemeinen keinen Schutz gegen Störimpulse. Das fehlerhafte Daten- Adress- oder Steuersignal wird gelesen und kann zum Absturz des Mikrocontrollers führen.
  5. Bei Quarzanschlusspins können eingekoppelte Störungen zum Aussetzen des Quarzoszillators führen und zum Ausfall der PLL-Schaltung 1.
  6. Wenn das Nutzsignal ein Reset Signal ist, werden Filter im Mikrocontroller angeordnet, um Störungen zu beseitigen. Wenn die Filter nicht ausreichend dimensioniert sind, werden sie vom Störvorgang durchbrochen.

Zweite Verhaltensweise:

Die eingekoppelte Störspannung steigt bis zur Begrenzungsspannung der Schutzdioden an und öffnet die Schutzdioden. Damit fließt ein Störstrom über die Schutzdioden in die Vdd- und Vss-Netze des ICs. Der Störstrom lädt die inneren Kapazitäten zwischen Vdd und Vss um. Wenn der Strom in negativer Richtung fließt, entladen sich die inneren Kapazitäten und die Versorgungsspannung bricht ein. Das ist nach außen nicht sichtbar. Der Mikrocontroller verliert seine logischen Registerzustände und stürzt ab. Weiterhin erzeugt der Störstrom an den Längsinduktiviäten des Vdd-, Vss-Systems Störspannungen. Diese Störspannungen rufen Störungen zwischen verschiedenen logischen Bereichen des ICs hervor (Chore, Speicher, PLL). Diese Spannungsdifferenzen stören den Signalaustausch zwischen den logischen Bereichen.

Durch diesen Störvorgang können auch die an den Vdd und Vss integrierten ESD-Schutzdioden ansprechen (power clamps) und bei ungünstiger Gestaltung der Schaltung den IC kurzschließen. Das kann zum Ausfall oder sogar zur Zerstörung des ICs führen.

Verhaltensweisen des ICs gegenüber Störungen bei Einkopplung von Magnetfeld:

Die Einkopplung durch Magnetfeld in Signalleitungen des Elektronikboards überlagert dem Nutzsignal eine Störspannung. Die Einkopplung wirkt nur dann, wenn die Signalleitungen im Elektronikboard niederohmig mit Ground verbunden sind. Das ist am wirkungsvollsten der Fall, wenn die Signalleitungen über einen Filterkondensator mit Ground verbunden ist. Treiber sind meist niederohmig genug, um die Störwirkungen durch Magnetfeld hervorzurufen. Unter diesen Voraussetzungen ist das Magnetfeld in der Lage, wesentlich höhere Störströme in den IC zu treiben, als das elektrische Feld. Die Wirkungen sind vor allem für power clamps sehr stark. Je nach den inneren Impedanzverhältnissen im IC kann die Wirkung schwächer oder stärker sein als die des elektrischen Feldes. Ebenso sind bei der Einwirkung von Magnetfeld die gleichen oben beschriebenen beiden Verhaltensweisen für E-Feld möglich.

Versorgungspins

In Versorgungspins können im Allgemeinen nur bei Einkopplung durch Magnetfeld in die Versorgungsleitungsnetze des Elektronikboards Störungen eindringen.

Durch das Magnetfeld wird ein Störstrom in die Vdd / Vss – Schleife des ICs getrieben. Der Störstrom lädt die inneren Kapazitäten zwischen Vdd und Vss um. Wenn der Störstrom in negativer Richtung fließt, entladen sich die inneren Kapazitäten und die Versorgungsspannung bricht ein. Das ist nach außen nicht sichtbar. Der Mikrocontroller verliert seine logischen Registerzustände und stürzt ab. Weiterhin erzeugt der Störstrom an den Längsinduktiviäten des Vdd-, Vss-Systems Störspannungen. Diese Störspannungen rufen Störungen zwischen verschiedenen logischen Bereichen des ICs hervor (Chore, Speicher, PLL). Diese Spannungsdifferenzen stören den Signalaustausch zwischen den logischen Bereichen. Der Störvorgang wirkt intensiver als bei Eindringen von Störstrom über die Schutzdioden durch elektrisches Feld. Der vom Magnetfeld erzeugte Störstrom kann bis zu 10-mal höher sein, als der über die Schutzdioden fließende Strom.

Der durch das Magnetfeld in das Vdd/ Vss Schleife eingekoppelte Störstrom kann auch die integrierten ESD-Schutzdioden zum Ansprechen bringen (power clamps). Bei ungünstiger Gestaltung der power clamps Schaltung kann der IC kurzgeschlossen werden. Das kann zum Ausfall oder sogar zur Zerstörung des ICs führen.

Designregeln für IC-Umgebung – Einkopplung über Feld

In der Praxis haben sich zur Lösung der oben genannten Probleme folgende Design-Regeln bewährt.

Elektrisches Feld

Die Wirkung des elektrischen Feldes (ESD, Burst) wird abgeschwächt bzw. kann ganz verhindert werden, wenn die Leitungsnetze des Elektronikboards mit benachbarten Masseflächen sehr kurz gehalten werden oder vollkommen in Masse eingebettet liegen. Das bedeutet, dass die Leitungen zwischen zwei Masselagen verlegt werden sollten.

Die Empfindlichkeit des IC-Pins bestimmt den Grad der Abschirmung der Leitungsnetze mit Masse. Die Empfindlichkeit der IC-Pins ist für jeden IC pinbezogen ein definierter und somit auch messtechnisch bestimmbarer Wert (Bild 5).

Bild 5 Leitungsgebundene Pinempfindlichkeiten eines Mikrocontrollers gegenüber Störungen die auf Leitungsnetze des Elektronikboards einwirken.

Im Bild 5 ist zu erkennen, dass die Empfindlichkeiten der IC-Pins sehr starke Unterschiede aufweist. Bei unempfindlichen Pins können Leitungsnetze ungeschützt durch Masse an der Oberfläche des Elektronikboards liegen, ohne dass eine Störung durch elektrisches Feld entsteht ( > 400 Volt Pegel im Bild 5). Bei empfindlichen Pins kann es sein, dass die vollkommene Abschirmung der Leitungsnetze durch Masse noch nicht ausreichend ist. Bereits die Oberfläche eines Testpunktes oder die Oberfläche des an das Leitungsnetz angeschlossenen IC-Pins genügt, um ausreichend Störstrom aus dem elektrischen Feld aufzunehmen. Die wenige Quadratmillimeter große Oberfläche des Leitungsnetzes genügt, um durch elektrisches Feld den IC zu stören. Diese hohe Empfindlichkeit kann zum Beispiel an Quarzanschlüssen von Mikrocontrollern vorliegen (Bild 5 ca. 1-2 Volt Pegel).

Im Bild 6 ist der Messplatz zur Bestimmung der Empfindlichkeit gegenüber eitungsgeführten Störungen dargestellt. Mit einer speziellen Probe können die Pins des ICs einzeln kontaktiert werden und ein Prüfimpuls aufgeschaltet werden. Dieser Prüfimpuls entspricht der Wirkung des elektrischen Feldes (Burst, ESD) auf die Leitungsnetze des Elektronikboards.

Bild 6 Messaufbau zur Ermittlung der Pinempfindlichkeiten bei leitungsgeführten Störungen verursacht durch elektrisches Feld auf dem Elektronikboard.
Magnetisches Feld

Die Empfindlichkeit der IC-Pins gegen Störstromimpulse (Burst, ESD Magnetfeld) lassen sich in einem ähnlichen Diagramm wie in Bild 5 darstellen. Die störrelevanten Ströme liegen im Bereich zwischen 0,5 und 35 Ampere. Bei empfindlichen Pins genügen für die Magnetfeldkopplung Induktionsschleifen mit der Größe von wenigen Quadratmillimetern. Diese Schleifen können durch kurze Leitungsstücke mit einem Lagenabstand zur Massefläche von 0,5 mm entstehen. Auch können Abblockkondensatoren kritische Schleifen bilden. Besonders wenn diese am Rand eines Elektronikboards angeordnet sind. Dort sind im Allgemeinen die magnetischen Feldstärken am höchsten und dadurch entsteht die stärkste Spannungsinduktion.

Wenn auf dem Elektronikboard Schlitze im Massesystem sind (getrennte Massen) können durch diese Schlitze Magnetfelder dringen und Spannungen in kreuzenden Leitungsnetzen induzieren. Im Besonderen tritt das bei der Trennung von Analog- und Digitalmasse auf. Das Problem kann dann nur behoben werden, wenn auf eine Trennung der Massen verzichtet wird und die Massen durchgängig verbunden werden. In der Praxis sind Pins von Quarz und PLL, Versorgungen am empfindlichsten. Auch können Signalanschlüsse des ICs wie Reset, Quarz oder Test-Pins besonders empfindlich sein.

Bereits zum Beginn der Entwicklung eines Elektronikboards ist es von Vorteil, das Layoutdesign und die mechanische Konstruktion auf die Empfindlichkeit der IC-Pins abzustimmen. Damit erreicht man ein störfesteres Elektronikboard. Heutzutage werden die leitungsgebundenen Pinempfindlichkeiten von ICs von den IC-Herstellern bereits gemessen.