06 Messung der Schirmdämpfung auf IC-Ebene mit dem IC-Testsystem P1402/P1502

Messung der Störfestigkeit und Schirmwirkung getrennt für elektrisches und magnetisches Feld

Autor: Stephan Pfennig
Veröffentlicht am: 09.03.2018

Einführung

Kommt es bei der Prüfung der strahlungsgebundenen Störfestigkeit zu einer Beeinflussung des Prüflings, müssen abhängig vom Störpegel geeignete Entstörmaßnahmen getroffen werden. Ist die Wellenlänge des Prüfsignals groß im Vergleich zu den Abmessungen des Gerätes, koppelt die Störgröße typischerweise über größere Strukturen, wie z.B. die angeschlossenen Leitungen ein. Die Störgröße kann dann galvanisch, kapazitiv oder induktiv in einzelne Bereiche bzw. Komponenten des Prüflings einkoppeln. Eine solche Komponente kann zum Beispiel ein integrierter Schaltkreis (IC) sein. Zur Auswahl geeigneter Entstörmaßnahmen ist es hilfreich, wenn die entsprechenden Koppelpfade bzw. Koppelmechanismen identifiziert werden können.

Um speziell die Beeinflussung von IC's durch kapazitive bzw. induktive Einkopplung besser untersuchen zu können, hat die Langer EMV-Technik GmbH eine Methode zur Messung der Störfestigkeit entwickelt, bei der die Störfestigkeit getrennt für elektrische und magnetische Felder bewertet werden kann. Diese Methode wurde in [1] vorgestellt und in [2] verwendet, um die Schirmwirkung verschiedener Schirmkonfigurationen und Materialien zur Schirmung von IC's zu untersuchen. Dabei wurde zwischen der Schirmwirkung für das elektrische und magnetische Feld unterschieden.

Messaufbau und Schirmkonfigurationen

Zur Untersuchung der Schirmwirkung wurden die IC-Testumgebung ICE1 und das IC-Testsystem P1402/P15021 der Langer EMV-Technik GmbH verwendet. Für den Messaufbau wurden die Massefläche GND 25, der zugehörige Adapter GNDA 02, die Feldmesser EPM 02 und BPM 02 zur Messung des elektrischen bzw. magnetischen Feldes, der Distanzring D70 h10 der Höhe h = 10 mm, die Feldquelle P1402 zur Erzeugung eines magnetischen Prüffeldes und die Feldquelle P1502 zur Erzeugung eines elektrischen Prüffeldes verwendet. Zusätzlich kam der Vorverstärker PA 303 zum Einsatz. Die einzelnen Komponenten und den prinzipiellen Messaufbau zeigt Abbildung 1.

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1 IC-Testsysteme P1401/P1501 und P1402/P1502 zur Feldeinkoppelung bis 1 GHz bzw. 3 GHz

Abbildung 1 Messequipment und Messaufbau

Für den Messaufbau wurde der entsprechende Feldmesser anstelle des IC's in die Massefläche eingelegt und die entsprechende Feldquelle unter Verwendung des Distanzringes über dem Feldmesser positioniert. Anschließend wurde der Ausgang des verwendeten Netzwerkanalysators (NWA) mit der Feldquelle und der Ausgang des Feldmessers über den Vorverstärker mit dem Eingang des NWA's verbunden. Der NWA wurde zuvor mit den entsprechenden Messkabeln auf den Eingang der Feldquelle und den Ausgang des Vorverstärkers kalibriert.

Mit Hilfe des beschriebenen Messaufbaus wurde für verschiedene Schirmkonfigurationen die Einfügedämpfung (bzw. der Vorwärts-Transmissionsfaktor S21) des Systems ohne und mit Schirm gemessen. Mit Hilfe der bekannten Korrekturfaktoren (Wandlungsfaktoren) der Feldmesser und des Gewinns des Vorverstärkers wurde daraus die elektrische Feldstärke bzw. die magnetische Flussdichte berechnet. Aus den entsprechenden Kurven wurde anschließend für jede Schirmkonfiguration die Schirmdämpfung as für das elektrische bzw. magnetische Feld berechnet.

Für die Untersuchung der Schirmwirkung wurden verschiedene Schirmkonfigurationen verwendet, wobei zunächst eine IC-Attrappe aus Styrodur über dem jeweiligen Feldmesser platziert und anschließend der Schirm aufgebracht wurde.

Die beste Schirmwirkung würde prinzipiell ein Schirm erzielen, der den IC vollständig bedeckt und rundum mit Masse verbunden ist. Praktisch ist dies jedoch nicht immer umsetzbar bzw. unter Berücksichtigung der Kosten auch nicht immer zweckmäßig.

Als einfachste Variante der Schirmung wurden daher Streifen aus Kupferklebeband verwendet, wobei deren Breite b variiert und bei der Anbindung des Schirmes zwischen der einseitigen und beidseitigen Kontaktierung gegen Masse unterschieden wurde. [2]

Ergebnisse für Schirmstreifen aus Kupferklebeband und die beidseitige Kontaktierung des Schirmes

Im ersten Schritt wurde die Schirmwirkung des Kupferklebebandes für Streifen der Breiten b = (2,4,6,8,10) mm untersucht. Die Ergebnisse für die Schirmung des elektrischen und magnetischen Feldes sind in Abbildung 2 für die beidseitige Kontaktierung des Schirmes dargestellt und zeigen prinzipiell, dass sich die Schirmwirkung des Kupferklebebandes mit der Breite des Streifens verbessert.



Abbildung 2 Elektrische Feldstärke E bzw. magnetische Flussdichte B in Abhängigkeit der Schirmbreite b und resultierender Schirmdämpfung as für einen Streifen Kupferklebeband (beidseitig mit Masse verbunden)

Die Ergebnisse für das elektrische Feld zeigen, dass die Schirmdämpfung im Frequenzbereich bis 2 GHz näherungsweise konstant ist. Für das magnetische Feld ist die Schirmdämpfung bei tiefen Frequenzen verhältnismäßig gering, steigt aber im unteren Frequenzbereich mit ungefähr 20 dB pro Dekade an. Im oberen Frequenzbereich ist die Schirmdämpfung bis 2 GHz näherungsweise konstant.

Der beidseitig kontaktierte Schirmstreifen bildet eine Kurzschlussschleife. Der Wirkmechanismus einer Kurzschlussschleife zur Schirmung magnetischer Felder wird in [2] am Beispiel der Schirmung von IC's erläutert. Dabei wird gezeigt, dass die gemessenen Verläufe sehr gut mit dem theoretischen Verhalten übereinstimmen.

Auch die erkennbare Verschiebung der Kurven im unteren Frequenzbereich kann mit den in [2] abgeleiteten Gleichungen erläutert werden. Ursache für diese Verschiebung ist die unterschiedlich gute Kontaktierung des Kupferklebebandes bzw. die damit verbundene Variation des Übergangswiderstandes zwischen Kupferfolie und Massefläche [2].

Ist die Kontaktierung des Schirmes schlecht ausgeführt und der Übergangswiderstand entsprechend groß, reduziert sich die Schirmwirkung für magnetische Felder speziell im unteren Frequenzbereich.

Ergebnisse für Schirmstreifen aus Kupferklebeband und die eineitige Kontaktierung des Schirms

Bei einseitiger Kontaktierung des Schirmes ergaben sich die in Abbildung 3 dargestellten Ergebnisse. Für das elektrische Feld zeigte sich, dass die Schirmwirkung im unteren Frequenzbereich nicht beeinflusst wird. Der vom elektrischen Feld erzeugte Verschiebestrom fließt vom Schirm über die einseitige Kontaktierung zur Massefläche ab. Im höheren Frequenzbereich ändert sich das Verhalten aufgrund der Kapazität zwischen Schirm und Masse. Diese Kapazität und die Eigeninduktivität des Kupferstreifens bilden einen LC-Resonator. Da die Kapazität und die Induktivität von der Breite des Streifens abhängen, ändert sich auch die Resonanzfrequenz mit der Breite des Streifens.

Abbildung 3 Elektrische Feldstärke E bzw. magnetische Flussdichte B in Abhängigkeit der Schirmbreite b für einen Streifen Kupferklebeband einseitig mit Masse verbunden

Im Fall eines einseitig kontaktierten Schirmes mit großer Schirmfläche direkt über dem IC und einer sehr schmalen Anbindung gegen Masse sind die Kapazität und Induktivität entsprechend groß und die Resonanzfrequenz damit entsprechend klein. Da die Schirmwirkung oberhalb der Resonanzfrequenz signifikant abfällt, sollte daher bei einer einseitigen Kontaktierung des Schirmes auf eine breite Anbindung des Schirmes geachtet werden.

Für das magnetische Feld besitzt der Schirm keine Wirkung, da bei einseitiger Kontaktierung keine Kurzschlussschleife gebildet wird.

Vergleich Kupferklebeband und EMV-Klebeband

In [2] wurde die Schirmwirkung des Kupferklebebandes mit der eines EMV-Klebebandes2 verglichen. Für den Vergleich der Materialien wurden Schirmstreifen gleicher Breite verwendet, die auf die IC-Attrappe aufgebracht und beidseitig mit Masse verbunden wurden. Die Ergebnisse für das elektrische und magnetische Feld sind in Abbildung 4 dargestellt.

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2 Klebeband auf Basis des Schirmvlieses LBVM1-S5 (Aluminium beschichtetes Polyester-Spinnvlies) der Firma Schirmung 2000

Abbildung 4 Vergleich der Schirmwirkung eines Kupferklebebandes und EMV-Klebebandes, Schirmdämpfung für das elektrische und magnetische Feld

Ist die Kontaktierung des Schirmstreifens gut ausgeführt und der Übergangswiderstand zwischen Schirmstreifen und Massefläche entsprechend klein, besitzen die beiden Materialien näherungsweise gleich gute Schirmeigenschaften.

Die in [2] vorgestellten Ergebnisse zeigen aber auch, dass speziell die Schirmwirkung des Kupferklebebandes in Abhängigkeit der Kontaktierung (des Übergangswiderstandes) stark variieren kann. Einen Einblick geben die in Abbildung 5 dargestellten Ergebnisse für Schirmstreifen der Breite b = 8 mm.

Abbildung 5 Vergleich der Schirmwirkung eines Kupferklebebandes und EMV-Klebebandes, Einfluss des Übergangswiderstandes zwischen Schirm und Massefläche

Literaturverzeichnis

[1] PFENNIG, Stephan ; LANGER, Gunter: Messung der Störfestigkeit integrierter Schaltungen getrennt für das elektrische und magnetische Feld. In: emv - Internationale Fachmesse und Kongress für Elektromagnetische Verträglichkeit, 2018
[2] PFENNIG, Stephan: Measuring Shielding Effectiveness at the IC Level. In: 2017 IEEE International Symposium on Electromagnetic Compatibility & Signal/Power Integrity (EMCSI). http://dx.doi.org/10.1109/ISEMC.2017.8078011 | DOI: 10.1109/ISEMC.2017.8078011